Atelier Alte Kelter
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Geschichte der Kelter

Die Kelter vor der RenovierungDer über massivem Sockel in Fachwerk ausgeführte Ökonomiebau entstand 1819 zunächst als Zehntscheune am nordwestlichen Ortsrand der Gemeinde Helfenberg durch die „Gemeinschaftlich Adeliche Gutsherrschaft". Das Baujahr belegt ein entsprechend datierter Nachtrag im Brandversicherungskataster der Gemeinde Helfenberg von 1807, der das neu erstellte Gebäude als „zweibarnigte Scheuer mit Fruchtboden" beschreibt. Bereits 1820 erfolgte die Erweiterung der herrschaftlichen Scheune nach Westen um „eine Kelter mit Baum".

Nach Ablösung der Zehntrechte im Dezember 1850 hatte das herrschaftliche Ökonomiegebäude seine ursprüngliche Bestimmung verloren. Wie die Gemeinderatsprotokolle berichten, erwarb die Gemeinde Auenstein als Vertreterin der Keltergemeinschaft Helfenberg 1883 die herrschaftliche Scheune der Freiherrn von Gaisberg und tauschte sie gegen ihre ganz „ungeschickt (in einem Schlupfwinkel) gelegene" Gemeindekelter ein. Sie nutzte nach Durchführung entsprechender Umbaumaßnahmen den „ganz geschickt gelegenen, geräumigen und freundlichen" Scheunenraum von da an als Gemeindekelter. Der einst herrschaftliche Kelteranbau diente dagegen zusammen mit dem Dachraum als Scheune. Die damalige Kelterausstattung, bestehend aus „2 Spahr´schen Pressen je mit Holzbiet, hölzernem Presskasten und doppelt eisernen Spindeln" wurden 1927 durch eine hydraulische Doppelpresse sowie eine Obstmahlmühle samt Zubehör ersetzt. Eine Obstpresse samt Haspel und Pumpe blieben von der aus den 1920er Jahren stammenden technischen Ausstattung erhalten.

Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts blieb die Gemeindekelter in Betrieb. Die Suche nach einer langfristigen neuen Nutzung wurde nicht zuletzt durch die bestehende Zugangsregelung erschwert: Die beiden Keltertore konnten nur über das südliche Nachbargrundstück erschlossen werden und die Zugangsmöglichkeit bestand ausschließlich zur Zeit der Weinlese. Die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen wurden aus Kostengründen zurückgestellt, die Schadensentwicklung nahm ihren Lauf.

Die Kelter heuteDie Schäden im Bereich des westlichen, 1820 erstellten Anbaus erwiesen sich als weitaus gravierender als am Hauptgebäude. Die westliche Wand war vom Einsturz bedroht. Durch das jahrelange Eindringen von Feuchtigkeit hatte sich insbesondere im Bereich der Dachkonstruktion Pilzbefall gebildet; aufgrund der Nässeschäden war die Kraftschlüssigkeit der Sparrenfußpunkte in vielen Bereichen nicht mehr gegeben; Holzfraß hatte sich an den Hölzern der Dachkonstruktion zunehmend verbreitet.

Da jedoch sämtliche Fachwerkhölzer des herrschaftlichen Ökonomiebaus in Eichenholz abgezimmert waren, zeigten die Außenwände mit Ausnahme der Westwand und die Holzkonstruktion des Scheunen-und Kelterraums jedoch keine gravierenden Schäden; insgesamt konnte daher eine schonende Instandsetzung noch den weiteren Erhalt der Kelter ohne allzu gravierende Verluste ermöglichen. Das Abbruchvorhaben wurde zunächst zurückgestellt, der Fachwerkbau wurde in die Liste der verkäuflichen Kulturdenkmale beim Regierungspräsidium Stuttgart aufgenommen und Investoren wurden gesucht.

Kaufinteressenten stellten sich ein; vorzugsweise stand eine Umnutzung der Kelter zu Wohnzwecken zur Diskussion. Die vorgelegten Planungen sahen mehr oder weniger gravierende Eingriffe in den Bestand, in der Regel eine kleinräumige Unterteilung des Kelterraums, oftmals den Abbruch des westlichen Anbaus und ausnahmslos den Ausbau des Dachgeschosses vor.

Das Ökonomiegebäude mit seinen großen Toren und den vereinzelten kleinen Fenstern, hätte durch zusätzlich erforderliche Belichtungsöffnungen seinen typologischen Charakter verloren. Aufgrund des Grundstückzuschnitts, konnten die Scheunentore nicht zur Erschließung herangezogen werden. Ein Durchbruch für eine neue Eingangstür wäre in der straßenseitigen Giebelwand nicht vermeidbar gewesen. In Zusammenhang mit den aufgrund der Feuchteschäden unvermeidbaren Verlusten an historischer Bausubstanz wäre nach Durchführung der vorgesehenen Umbaumaßnahmen die Kulturdenkmaleigenschaft verloren gegangen.

Der Abbruch der Kelter stand erneut zur Debatte. Da beschlossen die beiden Nachbarn in einer gemeinsamen Aktion die Rettung des Kulturdenkmals. Sie erwarben den Ökonomiebau jeweils als Teileigentum. Der westlich angrenzende Nachbar konzipierte im einstigen Kelteranbau einen Pferdestall. Der südliche Anlieger plante im Hauptgebäude ein Fotoatelier. Da ihm auch das an der Haupterschließungsseite anschließende Grundstück gehört, konnte er das Gebäude über das Tennentor problemlos erschließen. Noch 2004 begannen die neuen Eigentümer mit den inzwischen dringend erforderlich gewordenen Instandsetzungsarbeiten am Holzwerk und am Sandsteinsockel.

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Einen Großteil der Maßnahmen führten sie zu Reduzierung der Kosten in Eigenleistung- soweit erforderlich unter fachlicher Anleitung- aus. Im Januar 2005 waren die Zimmermanns-arbeiten fertig gestellt und die neue Dacheindeckung schützt nun das Gebäude vor eindringender Feuchtigkeit.

planDie Aufteilung des Gebäudes in zwei Nutzungseinheiten erforderte eine separate Erschließung des Pferdestalls an der rückseitigen, westlichen Giebelseite des Anbaus. Zur Minimierung der Substanzverluste wurde das neue Tor in den Bereich der Fachwerkkonstruktion gelegt, in dem aufgrund der Feuchteschäden ein Austausch der Hölzer ohnehin unumgänglich war. Die Errichtung eines Unterstandes für die Pferde an der Rückseite erfolgte additiv und hatte keine Eingriffe in die Fachwerkwand zur Folge. Im Innern des neuen Stalls wurde außerdem ein Podest eingebaut- zur Angleichung des Fußbodens an das Außenniveau.

Die Umnutzung des einstigen herrschaftlichen Zehntgebäudes zum Fotoatelier war mit minimalen baulichen Veränderungen verbunden. Da die Erschließung der Dachgeschosse nach 1883 im Zuge der Scheunennutzung ausschließlich über den Anbau erfolgte, wurde aufgrund der Aufteilung des Gebäudes eine zusätzliche Treppe zum Dachraum vom Atelier aus notwendig. Ein neuer Holzdielenboden sowie eine Verglasung an der Innenseite der Scheunentore wurden ebenfalls eingebaut. Erhalten blieb die Obstpresse aus den 1920er Jahren samt Haspel und Pumpe, die der Eigentümer liebevoll reparierte.

Recherchiert und verfasst von

Dipl. Ing. Angelika Reiff
RP Stuttgart
Referat 25-Denkmalpflege

 

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